Der französische Bankenmarkt
Gesamtwirtschaftlich besitzt der Bankensektor in Frankreich eine überdurchschnittliche Bedeutung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. So war die Bilanzsumme aller Banken 2022 in etwa 3,7-mal so groß wie die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes. Im Vergleich dazu betrug der europäische Durchschnitt das 2,4-fache des BIP. Das Bankfilialnetz in Frankreich ist mit 1.902 Einwohnern pro Geschäftsstelle stark überdurchschnittlich ausgebaut. Im Vergleich dazu liegt der europäische Durchschnitt bei 3.228 Einwohnern pro Geschäftsstelle.
2022 lag der Bestand an ausfallgefährdeten Krediten bei französischen Banken mit einem Wert von 1,9% leicht über dem Durchschnitt von 1,8% in anderen europäischen Ländern. Die Cost-Income-Ratio der französischen Banken lag 2022 mit 68,6% über dem Niveau anderer europäischer Länder. Die Rentabilität, gemessen am Return on Equity, lag 2022 unter dem Niveau von anderen Banken in Europa.
1984 wurde der französische Banken- und Finanzsektor durch den „Banking Act“ dereguliert. Seitdem kam es durch eine Reihe von Fusionen zur Entstehung von Großbanken. Nach Bilanzsumme befinden sich heute drei französische Banken unter den weltweit zwanzig größten Banken (BNP Paribas, Crédit Agricole und Sociéte Générale.
In seinem Abschlussbericht 2022 der jährlichen Artikel IV Mission stellte der IWF fest, dass Frankreich von der Energiekrise im Vergleich zu den meisten EU-Ländern weniger stark betroffen war. Die wirtschaftliche Aktivität verlangsamte sich jedoch stark und die Inflation wird aufgrund der Lockerung der Energiepreiskontrollen hartnäckig bleiben. Eine nachhaltige, ausgabenorientierte fiskalische Konsolidierung wird mittelfristig entscheidend sein, um Puffer wieder aufzubauen und die Verschuldung auf einen festen Abwärtspfad zu bringen, während Raum bleibt, um Investitionen in grüne und digitale Technologienzu beschleunigen.
Eine Besonderheit des französischen Bankenmarktes sind die staatlich geförderten Sparbücher (z.B. Livret A). Die festgesetzten Zinssätze für diese Spareinlagen (derzeit 3%) liegen oberhalb des Marktniveaus und die Erträge sind steuer- und sozialabgabenfrei. Das Anlagevolumen pro Sparbuch ist allerdings begrenzt (derzeit 22.950 Euro) und wird für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus verwendet.
Die französischen Sparkassen – Caisse d’Epargne
Die erste französische Sparkasse wurde am 22. Mai 1818 in Paris gegründet. Die aus privater Initiative entstandenen Sparkassen sollten breiten Bevölkerungskreisen das Sparen nahebringen. Die Spareinlagen wurden der Staatsdepositenkasse (Caisse des Dépôts) übertragen, die sie zur Staatsfinanzierung verwendete und den Sparkassen imGegenzug eine Vergütung entrichtete. Bereits im 19. Jahrhundert war die Förderung des regionalen Gemeinwohls,unter anderem in den Bereichen Soziales und Gesundheitsförderung, wichtiger Bestandteil der Aufgaben der Sparkassen (vergleichbar dem öffentlichen Auftrag der deutschen Sparkassen). Seit 1950 dürfen Sparkassen auch Kredite an Kommunen vergeben.
Im Jahr 2006 startete die Kooperation zwischen den französischen Sparkassen (Caisse d’Epargne) und den Volksbanken (Banques Populaires) mit der Gründung eines gemeinsamen Tochterunternehmens – Natixis. Durch zahlreiche Fusionen in den Jahren 2007 und 2008 ist die Zahl der französischen Sparkassen auf 15 Institute gesunken. Im
Jahr 2009 schlossen sich die französischen Sparkassen und Volksbanken in der Groupe BPCE zusammen. Die Primärebene der 15 Caisses d’Epargne und 14 Banques Populaires wird unter den bisherigen Marken fortgeführt.
Im August 2013 führte die Groupe BPCE einen internen Umbau und eine Entzerrung ihrer finanziellen Verbindungen durch. Bis dahin hielt die Natixis je 20% der Anteile an den Sparkassen und Volksbanken über stimmrechtslose „Certificats d’investissement coopératifs“ (CIC). Durch eine erfolgreiche Rückkaufaktion der CICs wurden die lokalen Spargesellschaften wieder zu 100% Eigentümer der Sparkassen.
Zum 1. Mai 2017 sind die Sparkassen Caisse d’Epargne Nord France Europe und Caisse d’Epargne Picardie zur Sparkasse Caisse d’Epargne Hauts de France fusioniert.
Zum 5. Dezember 2017 sind die Banque Populaire Atlantique and Banque Populaire de l’Ouest zur Banque Populaire Grand Ouest fusioniert. Im Jahr 2018 wurde die Caisse d’Epargne Grand Est Europe gegründet und die Fusion zwischen der Caisse d’Epargne d’Alsace und der Caisse d’Epargne Lorraine Champagne-Ardenne realisiert.
Auszug aus dem Beitrag des DSGV von Jana Gieseler