Der schwedische Bankensektor

Gesamtwirtschaftlich besitzt der Bankensektor in Schweden eine ähnlich große Bedeutung wie in anderen europäischen Ländern. Die Bilanzsumme aller schwedischen Banken im Jahr 2022 betrug 2,8-mal so groß wie die gesamtwirtschaftliche Leistung Schwedens. Im Vergleich dazu betrug der europäische Durchschnitt das 2,4-fache des BIP. Das Bankfilialnetz in Schweden ist mit 6.968 Einwohnern pro Geschäftsstelle deutlich unterdurchschnittlich ausgebaut. ImVergleich dazu liegt der europäische Durchschnitt bei 3.228 Einwohnern pro Geschäftsstelle.

2022 lag der Bestand an ausfallgefährdeten Krediten bei schwedischen Banken mit einem Wert von 0,2% deutlich unter dem Durchschnitt von 1,8% in anderen europäischen Ländern. Die Cost-Income-Ratio der schwedischen Banken lag 2022 mit 44,8% unter dem Niveau anderer europäischer Wettbewerber. Die Rentabilität, gemessen am Return on Equity, lag 2022 mit 11,5% deutlich über der von anderen Banken in Europa.

Seit Mitte der 1980er-Jahre wurde der schwedische Bankenmarkt umfassend dereguliert. Infolge dessen kam es zu einem Anstieg des Kreditvolumens, welcher einen Immobilien- und Aktienboom befeuerte.

Anfang der 1990er-Jahre mündete diese Entwicklung in einer systemweiten Bankenkrise, die nur durch massive staatliche Maßnahmen (Errichtung von Bad Banks und Verstaatlichung wichtiger Banken) überwunden werden konnte. Im Zuge der Bereinigung der Bankenkrise ist es zu einer tiefgreifenden Neuordnung des Bankenmarktes gekommen. Die Finanzkrise ab 2007 hat der schwedische Bankenmarkt aufgrund gezielter Hilfsmaßnahmen relativ gut überstanden.

Das schwedische Finanzsystem hat sich als widerstandsfähig erwiesen. Die schwedische Volkswirtschaft und der dazugehörige Bankenmarkt sind gut durch die Corona- Pandemie gekommen. Die ansässigen Großbanken verfügen über eine gute Kapital- und Liquiditätsausstattung. Das Risiko einer Überhitzung am Immobilienmarkt und etwaiger Preiskorrekturen ist jedoch durch die jüngsten Preisanstiege sowie die hohe Haushaltsverschuldung in Kombination mit einem hohen Anteil variabel verzinster Darlehen wesentlich gestiegen. Hinzu kommt ein erhebliches Exposure der schwedischen Banken im Segment der Gewerbeimmobilien. Die Finanzierungssituation der Banken ist jedoch stabil und die Fähigkeit, die Realwirtschaft mit Krediten zu versorgen, bleibt gewährleistet.1


  1. 1 LBBW Research, Financial Blickpunkt vom 5.7.2022 

Die schwedischen außerordentlichen Mitgliedssparkassen

1820 wurde in Göteborg die erste schwedische Sparkasse gegründet. Die schwedischen Sparkassen des frühen 19. Jahrhunderts sollten breiten Bevölkerungsschichten, insbesondere ärmeren Menschen, Finanzdienstleistungen anbieten. Zur Einhaltung dieser Zielgruppenorientierung bestand lange Zeit eine Einlagenhöchstgrenze, welche die Institute in ihrem Wachstum behinderte. 1969 wurden die Sparkassen mit ihren Aktivitäten den Geschäftsbanken gleichgestellt.

Die in Stiftungsform geführten Sparkassen wurden von angesehenen Bürgern aus dem kommunalen Umfeld gelenkt. Die schwedischen Sparkassen hatten von Anfang an eine lokale Ausrichtung. Auch wenn eine Beschränkung der Aktivitäten auf den örtlichen Rahmen (Regionalprinzip) nicht zwingend vorgegeben war, wurde sie freiwillig beachtet.

Die Zahl der schwedischen Sparkassen ist über die Jahre hinweg stark gesunken. Im Spitzenjahr 1928 gab es 498 Sparkassen, 1960 waren es noch 434. 1980 gab es noch 164 Sparkassen, nachdem sich viele kleine Institute zu Regionalbanken zusammengeschlossen hatten. Infolge eines schwieriger werdenden Wettbewerbsumfeldes, kombiniert mit der Deregulierung des schwedischen Bankenmarktes, kam es in der Folgezeit zu weiteren Zusammenschlüssen. Ein zusätzlicher Treiber der Konsolidierung war die Konzentration vieler schwedischer Unternehmen und die damit verbundene Verlagerung des Geschäftssitzes von der Provinz in die Hauptstadt Stockholm, wodurch die lokalagierende Sparkassen Wettbewerbsvorteile einbüßten.

Auszug aus dem Beitrag des DSGV von Jana Gieseler